(03.03.2019)
In der heutigen Zeit setzen wir uns ständig neue Ziele und sehen überall Verbesserungspotenzial. Gerade darum ist es wichtig, das Positive, das wir bewirken, nicht aus den Augen zu verlieren.
Als ich als stellvertretende Logopädin an einer Sprachheilschule tätig war, durfte ich die Oberstufenklassen ins Skilager begleiten.
Eines Abends sagte ein Jugendlicher zu mir: «Ich weiss, was ihr Erwachsenen macht, wenn wir schon im Bett sind. Ihr schenkt euch ein Glas Champagner ein, stosst gemeinsam an und sagt <auf uns!>.»
Seine Vorstellung brachte mich zum Schmunzeln. Die Realität sah etwas anders aus: Vor dem Schlafengehen stand für uns Leitende der Tagesrückblick sowie die Planung des nächsten Tages auf dem Programm. Für ein anschliessendes gemütliches Ausklingenlassen des Abends waren wir zu müde und Champagner hatten wir auch keinen dabei.
Den Satz des Jugendlichen habe ich bis heute nicht vergessen. «Auf uns!» Wie oft nehmen wir uns im Alltag Zeit, das zu sagen oder auch nur zu denken?
Unsere Arbeit als Therapeutinnen und Therapeuten besteht zu einem grossen Teil daraus, unsere Vorgehensweise immer wieder zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen. Das ist ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit. Es besteht jedoch die Gefahr, dass das Negative mehr Platz einnimmt als das Positive. Oft bleibt man gedanklich an harzigen Therapiefällen hängen, während man alles was gut läuft schnell als selbstverständlich abtut.
Das Formulieren von und Arbeiten an Zielen für sich selber, die stetige Reflexion, kurz die Selbstoptimierung steht auch in vielen anderen Berufen – und Freizeitbereichen wie Sport oder Essen – hoch im Kurs; mit all ihren positiven und negativen Facetten.
Vielleicht sollten wir uns genau heute die Zeit nehmen, mit der Partnerin, dem Arbeitskollegen oder dem Hund auf uns anzustossen – ganz egal ob mit Champagner, Apfelschorle oder Ingwer-Zitronen-Tee. Gründe dafür gibt es bestimmt mehr als genug.
Meret Blattner
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