Ein Beruf stellt sich vor
Wenn wir uns als Orthoptistin oder Orthoptist vorstellen, denken die meisten Leute, dass wir etwas mit den Füssen zu tun haben. (Lustigerweise denken auch viele bei Logopädie an die Füsse!)
Orthoptik ist ein Fachgebiet der Augenheilkunde und bedeutet übersetzt «gerade Sehen». Wir befassen uns mit Schielerkrankungen, Sehschwächen, Augenzittern, Augenbewegungsstörungen und Gesichtsfeldausfällen. Unsere Arbeit betrifft die Prävention, Diagnose, Therapie und Rehabilitation. Wir betreuen Personen jeder Altersgruppe.
Orthoptist:innen untersuchen beispielsweise Patientinnen und Patienten, die nach einem Unfall, Hirnschlag oder einer Erkrankung, eine Störung der Augenbewegungen erlitten haben und in der Folge doppelt sehen oder wegen eines Gesichtsfeldausfalles Gegenstände oder Personen übersehen.
Wir erkennen an den Augen Auffälligkeiten, welche mit systemischen Krankheiten wie Schilddrüsenfehlfunktionen oder Muskelübertragungsstörungen im Zusammenhang stehen und leiten weitere Abklärungen ein.
Ein weiteres grosses Gebiet betrifft die Untersuchung bei Kindern. Sowohl ein Schielen als auch eine Fehlsichtigkeit behindern die Entwicklung der Augen und führen zu einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie). Wird eine Schwachsichtigkeit früh entdeckt und therapiert, besteht die Chance, an beiden Augen eine volle Sehschärfe zu erreichen und bleibende Schäden zu vermeiden.
Wir arbeiten in Augenpraxen, Augenzentren, Augenkliniken und Rehabilitationskliniken. Vorzugsweise werden die Schulreihenuntersuchungen ebenfalls von einer Orthoptistin oder einem Orthoptisten begleitet.
Schnittstelle zur Logopädie
Nicht selten haben wir in der Sprechstunde auch Kinder und Jugendliche, welche Schwierigkeiten mit Lesen und Schreiben haben. Die Buchstaben tanzen, verschieben sich ineinander und das Lesen geht nur langsam und stockend. Beim Schreiben werden Buchstaben vertauscht, Endungen vergessen und Rechtschreibfehler häufen sich. – Alles Beschwerden, welche Logopädinnen und Logopäden nur zu gut kennen.
Die Hoffnung der Eltern und Kinder ist gross, dass eine Brille die Beschwerden beheben kann. Die Kinder werden häufig fälschlicherweise als weniger intelligent eingestuft und haben einen enormen Leidensdruck. Eine Brille kann jedoch nur in seltenen Fällen den gewünschten Effekt mit vollständiger Behebung der Beschwerden erzielen. Dennoch bieten teilweise schon geringe Korrekturen eine Entlastung, weshalb eine Untersuchung durch eine Orthoptistin oder einen Orthoptisten bei Lese- und/oder Rechtschreibstörung sinnvoll ist.
Bei der orthoptischen Untersuchung werden Einschränkungen an den Augen gesucht, welche Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben auslösen können. Die Messung der Fehlsichtigkeit erfolgt mit einer speziellen Tropfenuntersuchung und bei Bedarf wird ein Brillenrezept ausgestellt.
Einige Parallelen
Logopädie und Orthoptik sind beides Fachgebiete, welche Kinder und Jugendliche in der Entwicklung unterstützen. Zudem helfen sie Erwachsenen, nach einem Unfall, Hirnschlag oder einer Erkrankung wieder zurück in den Alltag zu finden. Das grosse Aufgabengebiet wird bei beiden Berufen häufig unterschätzt und ist einiges vielfältiger, als oft angenommen. Eine Beschreibung in wenigen Worten wird dem Fachgebiet kaum gerecht. Der Berufsverband Swiss Orthoptics arbeitet daran, den Beruf bekannter zu machen und aufzuzeigen, weshalb diese Arbeit wichtig ist.
Mirjam Schwarz, Vorstandsmitglied Swiss Orthoptics, www.orthoptics.ch
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