(c) Stefanie Huber
Die zweifache Mutter und Kantonsrätin ZH Stefanie Huber berichtet im Interview über die Sprachentwicklung ihrer Tochter. Dank Logopädie und familiärer Unterstützung spricht die 4-jährige Julia heute altersentsprechend. Dies war längere Zeit nicht der Fall.
Bitte schildern Sie kurz die Situation Ihrer Tochter, bevor sie in die Logopädie ging.
Unsere Tochter entwickelte sich bis zum Alter von ca. 16 Monaten unauffällig, dann blieb ihr Sprachschatz bei 7 Wörtern wie Mama/Papa stehen. Während sie alles verstand und Fragen mit Ja/Nein beantworten konnte, gelang es ihr nicht, sich selbst differenziert auszudrücken. Es folgte ein Silben-Singsang, aber sie wurde immer frustrierter, als wir sie wieder und wieder nicht verstanden. Die Diskrepanz zwischen Verstehen und Nicht-Verstanden-Werden wurde immer grösser, was zu einer Belastung für die Familie wurde. Pausen in der Entwicklung einer Fähigkeit sind normal, weil bspw. andere Themen wie Motorik grosse Sprünge machen, als die Spannungen jedoch grösser wurden, suchten wir Hilfe.
Wie kam es zur logopädischen Therapie?
Wir haben zum Thema Logopädie im Vorschulalter recherchiert und eine Logopädin in der Region gefunden, die bereit zu ersten Abklärungen war. Sie meldete uns rasch bei der Fachstelle Sonderpädagogik an, damit uns eine Therapie gutgesprochen werden konnte. Aufgrund unserer eigenen Sensibilisierung wurde am Anfang eine Elternanleitung zur gezielten Sprachförderung eingesetzt, nach einigen Monaten wechselten wir zu einer jungen Logopädin, die unsere Familie mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Ideenreichtum bis zum «Durchbruch» begleitete.
Was lief gut oder was gefiel Ihrer Tochter besonders in der Therapie? Was war schwierig? Wie hielten alle die Motivation für diese fast drei Jahre währende Therapie aufrecht?
Unsere Tochter ging von Anfang an erstaunlich gerne zu den verschiedenen Abklärungen und Therapiestunden mit, auch wenn die Fortschritte oft während Wochen kaum wahrnehmbar waren – als hätte sie verstanden, dass wir ihr damit helfen wollten.
Beide Logopädinnen gewannen das Vertrauen unserer Tochter innert kürzester Zeit. Hilfreich war sicher der spielerische Zugang, der uns auch zuhause immer wieder zu neuen Varianten und eigenen Hilfsmitteln inspirierte. Der Rhythmus mit zwei Therapiestunden pro Woche während 3 Monaten und dann eine dreimonatige Pause schien einerseits die nötige Intensität, aber auch förderliche Pausen anzubieten.
Von Nutzen war sicher, dass wir als Eltern uns mit den Logopädinnen austauschen konnten und Übungsanleitungen erhielten, so dass wir mit unserer Tochter zuhause die Ansätze aus den Therapiestunden vertiefen konnten. In unserem Fall halfen die Grosseltern aktiv mit: Sie schufen eine zusätzliche Übungsanlage in Ergänzung zur Therapie und unserem Familienleben. Der zwei Jahre ältere Bruder gab ebenfalls sein Bestes.
Uns wurde von mehreren Fachpersonen zu Beginn gesagt, dass die Chancen auf eine positive Entwicklung gut seien, aber wir viel Geduld bräuchten. Die kleinen Fortschritte, die nach ein paar Monaten anfingen, sichtbar zu werden, halfen dem Durchhaltewillen. Unser Umfeld empfanden wir ebenfalls unterstützend, u.a. eine integrative Kita oder der Austausch mit der Hausärztin oder einer Psychologin.
Wie spüren Sie den Erfolg der logopädischen Therapie in Ihrer Familie?
Nach gut zweieinhalb Jahren gab es diesen Moment, den wir als «Durchbruch» bezeichnen, es war am 24. März 2023: Während sich in den Wochen vorher immer mehr Wörter und erste Sätze abzeichneten, redete unsere Tochter von einem Tag auf den anderen, wie man es von einem vierjährigen Kind erwarten würde. Wir und unser ganzes Umfeld lernten unsere Tochter neu kennen. Seit diesem Tag ist es ihr möglich, uns an dem teilhaben zu lassen, was in ihrem Kopf vorgeht; Fragen zu stellen, wenn sie etwas nicht versteht; mit ihrem Bruder gleichberechtigt zu spielen, auch wenn die Familienkonstellation sich neu formieren musste; Freundschaften zu schliessen.
Während uns zuerst noch eine Sprachheilkindergarten vorgeschlagen wurde, feilen wir jetzt nur noch an der Aussprache der letzten schwierigen Laute wie «sch» oder «r», was noch bei vielen Vierjährigen der Fall ist.
Was raten Sie Eltern in ähnlichen Situationen?
Kinder entwickeln sich unterschiedlich und es ist richtig, auch bei Entwicklungspausen erst einmal abzuwarten. Wenn es aber über längere Zeit nicht vorwärts geht und sowohl Kind wie Familie darunter leiden, lohnt es sich, Fachpersonen beizuziehen. Auch wir Eltern können dann besser mit der Situation umgehen und man lässt sich nicht in eine Negativ-Spirale hineinziehen.
Wichtig sind Fachpersonen, die zur Familie passen, denen sich sowohl das Kind wie die Eltern anvertrauen können. Wir sind überzeugt, dass die beiden Logopädinnen mit ihren Persönlichkeiten mitentscheidend für den Erfolg waren.
Wir bedanken uns bei den beiden ebenso wie bei der kantonalen Stelle für die Finanzierung über diesen langen Zeitraum!
Als Politikerin wurde mir durch unseren eigenen Fall vor Augen geführt, wie viel richtig eingesetzte frühe Förderung bringt – und längerfristig einspart.
Das Interview mit Stefanie Huber, Kantonsrätin ZH, zweifache Mutter führte Edith Lüscher, Geschäftsleiterin DLV
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