Verbündete im Fachverband Dysphagie

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Die Schweizerische Gesellschaft für Dysphagie (SGD, www.dysphagie-suisse.ch) ist eine junge interdisziplinäre Gesellschaft, die sich der grossen Thematik «Schluckstörungen», das heisst Dysphagien, widmet. Beeinträchtigungen des Schluckens können in jedem Alter auftreten und unterschiedlichste Ursachen haben. Eine der führenden Berufsgruppen, die sich national und international, praktisch und theoretisch mit der Dysphagie auseinandersetzt, ist die Logopädie. In der SGD stellt die Berufsgruppe der Logopädie die Mehrheit der Mitglieder dar. Bei unseren jährlichen SGD-Fortbildungsveranstaltungen bieten wir ein Forum für Dysphagieexpert:innen. Interessanterweise, und das sollte hervorgehoben werden, sind dabei viele angloamerikanische Referent:innen (SLPs, speech language pathologists) aktiv!

Wünsche an die Zusammenarbeit mit dem DLV

Es werden händeringend klinische Spezialist:innen in der Logopädie gesucht! Gerade die klinisch orientierte Logopädie vereint im Idealfall Kenntnisse aus verschiedenen Bereichen der Kommunikation. Bei Betroffenen mit einer Dysphagie können zusätzlich Beeinträchtigungen der Stimme, des Sprechens, der Sprache und der Atmung auftreten. So gehören die Abklärung und die Therapie meiner festen Meinung nach in die Hände der Logopädie. Leider gibt es schweizweit viel zu wenige entsprechende Logopäd:innen. Letztlich sind es vor allem hochmotivierte Einzelkämpfer:innen, Idealist:innen, die sich hier im klinischen Alltag (Praxis und Klinik) tummeln und bewähren. Der DLV könnte hier nach innen und aussen einen grösseren «Resonanzraum» und Perspektiven entwickeln.

Für eine starke Logopädie in der Medizin

Seitens der Patient:innen hört man häufig: «Ich wusste gar nicht, dass Logopäd:innen auch für Stimme und Schlucken zuständig sind». Diese Anmerkung umschreibt ein Grundproblem. Persönlich ist mir bis heute nicht vollkommen klar, ob sich die Logopädie in der Schweiz vorrangig in der (Heil-)Pädagogik oder im Feld der «logopädischen Therapie» verortet. Ich bin seit 15 Jahren als Phoniater in der Schweiz tätig und verfüge über mehr als 20 Jahre Unterrichtserfahrung an unterschiedlichen logopädischen Ausbildungsstätten.

Die Informationen und Internetauftritte der Ausbildungsstellen unterstreichen zwar die klinischen Aspekte, doch stehen diese im Kontrast zur Realität. Es fehlen schweizweit klinisch interessierte Logopäd:innen, die in der Schweiz ausgebildet wurden. «Role-models», die Praxis und Theorie in der klinischen Logopädie (vor)leben, sollten an den Ausbildungsstätten ein grösseres Gewicht bekommen. Die Diagnostik und Therapie von Schluck- und Stimmstörungen ist keine schillernde «Kolibritätigkeit» in der Logopädie. Im Gegenteil: Es besteht die Gefahr, dass diese klinischen Bereiche der Logopädie zunehmend entgleiten und von anderen Disziplinen übernommen werden. Das wäre international einmalig – und gesundheitspolitisch eine Katastrophe!

PD Dr. med. Jörg E. Bohlender, Präsident SGD
Seit 2008 Leiter der Abteilung Phoniatrie und Klinische Logopädie, Phoniater und ORL-Arzt, ORL-Klinik, Universitätsspital Zürich.

Werdegang: Studium der Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften in Berlin. Studienbegleitende Tätigkeit als Regieassistent und Kulturjournalist. Medizinstudium in Berlin und Marburg. HNO-Facharztausbildung an den Universitätskliniken in Homburg/Saar und Erlangen. Facharztausbildung für Phoniatrie und Pädaudiologie am Universitätsklinikum Münster und an der Charité, Berlin. Oberarzt und stellvertretender Standortleiter Charité-Mitte.

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